Wer kennt sie nicht, die Sage von Romulus und Remus, den Zwillingssöhnen der Rhea Silvia und des Mars, die ausgesetzt und schließlich von der legendären Wölfin gesäugt wurden, deren Bronzeabbild heute im Kapitolinischen Museum in Rom zu sehen ist?Mit der Ausdehnung des römischen Reiches von der Tiberstadt bis weit über den Mittelmeerraum hinaus hielt auch die lateinische Sprache ihren Einzug in die umliegenden Länder – und hinterließ deutlichste Spuren, die nicht nur in den sog. Romanischen Sprachen aufzuspüren sind. Auch ca. 60 % der Wörter der englischen Sprache haben lateinische Wurzeln, ganz zu schweigen von den Lehn- und Fremdwörtern in der deutschen Sprache, die von der Olive über den Wein und den Keller bis hin zum Fenster reichen und uns täglich in Menge begegnen: Die Medienkompetenz der Kollegen sorgte für optimale Resultate im Bereich der Visualisierung der komplexen Prozesse menschlicher Denkvorgänge.
Lateinische Wörter, die hinter den Lehn- und Fremdwörtern stecken:
• oliva ~ Olive
• vinum ~ Wein
• cella ~ Keller
• fenestra ~ Fenster
• medium ~ Mittel
• competere ~ kräftig, fähig sein
• collega ~ Amtsgenosse
• optimus ~ der Beste
• resultare ~ widerhallen
• videre ~ sehen
• complecti ~ umfassen
• procedere ~ voranschreiten
Latein als Grundlagensprache Europas
Die lateinische Sprache als Muttersprache Europas ist eine Brücke zu den Romanischen Sprachen. Denn Latein bietet eine klare und überschaubare Sprachstruktur, so dass sich die Lernenden an der Grammatik, aber auch am Vokabular beispielhaft orientieren können.
Lateinische Kultur als Grundlage europäischer Kultur
Die lateinische Sprache macht mit den Grundlagen der europäischen Tradition und Kultur vertraut. Die Auseinandersetzung mit den antiken Texten verschafft Einblicke in Geschichte, Mythologie, Religion und Philosophie der Griechen und Römer und führt so zu Grundfragen menschlicher Existenz im Zusammenhang gesellschaftlicher und politischer Prozesse. Schülerinnen und Schülern erschließen sich neue Sichtweisen, wenn sie sich mit den Antworten und Positionen befassen, die antike Autoren auf diese grundlegenden Fragen gefunden haben.
Lateinunterricht als Schule des Lernens
Das Erlernen des Lateinischen hat einen positiven Einfluss auf den Umgang mit der Muttersprache: Grammatischen Grundbegriffe werden verdeutlicht und geübt, beim Übersetzen werden Ausdrucksfähigkeit und sprachliche Beweglichkeit gefördert, weil man sich immer wieder ein passendes Äquivalent für eine lateinische Formulierung überlegen muss. Im Lateinunterricht werden durch die Übertragung der lateinischen Texte ins Deutsche die Fähigkeit zur Konzentration, zu genauem Hinsehen/Lesen und zur sorgfältigen Analyse der Wörter und Endungen trainiert. Diese Kompetenzen kommen dem Arbeiten in anderen Fächern oder einem möglichen wissenschaftlichen Arbeiten im Studium zu Gute. Damit leistet das Latein lernen einen wichtigen Beitrag zur Schulung des Lernens im Allgemeinen.
Latein im Rahmen der individuellen Schullaufbahn
An der Viktoriaschule wird das Fach Latein als zweite Fremdsprache ab Klasse 7 angeboten und führt bei einer mindestens ausreichenden Note am Ende der Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe (Jg.11) zum Latinum. Das Fach kann als Grundkurs in der Qualifikationsphase fortgesetzt und als viertes (mündliches) Abiturfach gewählt werden.
Für besonders sprachbegeisterte und sprachbegabte Schülerinnen und Schüler bietet die Viktoriaschule an, die beiden zweiten Fremdsprechen Französisch und Latein parallel (im Tandem-Modell) zu erlernen. Abwechselnd besuchen die Lernenden den Französisch- und Lateinunterricht, die Inhalte der jeweils versäumten Stunde, die von Mitschülern und Mitschülerinnen protokolliert werden, erarbeiten sich die Tandemschüler und Tandemschülerinnen anhand der Stundenprotokolle.
Latein als Voraussetzung für das Studium
Lateinkenntnisse erleichtern (bzw. sind (teilweise noch) Voraussetzung für) den Zugang zu vielen Studienfächern der Geisteswissenschaften, z.B. Romanistik, Germanistik, Anglistik, Altphilologie, Archäologie, Geschichte und Theologie. Auch wenn es hier zur Zeit Veränderungen gibt, ist für viele Studiengänge bzw. Abschlüsse das Latinum (bzw. ‚kleine Latinum’) noch nicht gänzlich abgeschafft. Genaueres kann man nur von den einzelnen Universitäten erfahren.
Lateinunterricht konkret – in der Mittelstufe
Wir unterrichten mit dem Lehrwerk Prima Nova aus dem Buchnerverlag, das gezielt auf die aktuellen kompetenzorientierten Lehrpläne abgestimmt ist. Das Unterrichtswerk führt die Schüler und Schülerinnen durch das Alltagsleben der Römer und Römerinnen, die begeistert einem Wagenrennen im Zirkus Maximus zuschauen, in der Basilika shoppen gehen oder sich in den Thermen einen Wellnesstag gönnen. Geschichten und Mythen z.B. über Romulus und Remus, Herkules und seine Aufgaben genauso wie Portraits berühmte Persönlichkeiten Roms wie Cäsar und Augustus gehören zu den Inhalten des Lehrwerks.
Die Annäherung an die lateinischen Texte geschieht immer über die Themen. Z.B. werden eine Thermenanlage und ihre Räumlichkeiten zunächst über ein Bild vorgestellt. Im zweiten Schritt finden sich diese Räumlichkeiten und typische Tätigkeiten im Text wieder. Am Ende steht die Übersetzung des gesamten Textes zur Verdeutlichung des Textverständnisses.
Lateinunterricht konkret – in der Oberstufe
Im Lateinunterricht der Oberstufe stehen Lektüren im Vordergrund: Die Frage nach der Bedeutung der antiken Rhetorik und ihr Einfluss auf die Kommunikationsprozesse der Gegenwart werden am Beispiel der Reden Ciceros vermittelt. Mit Ovids Metamorphosen werden die Schüler und Schülerinnen mit antiker Dichtkunst und Metrik vertraut gemacht, gleichzeitig findet eine intensive Auseinandersetzung mit Fragen menschlicher Existenz statt anhand der antiken Mythen. In der Qualifikationsphase erarbeiten die Schüler und Schülerinnen die Bedeutung zentraler politischer und ethischer Begriffe, die für das Selbstverständnis Roms und der Res Publica im Mittelpunkt standen. Dafür sind die Monographie Coniuratio Catilinae von Sallust, aber auch Vergils Aeneis die Lektüregrundlagen. Welche Antworten die römische Philosophie auf Fragen menschlicher Existenz bereit hält, erarbeiten die Schüler und Schülerinnen anhand der Epistulae morales von Seneca.
Exkursionen
In Klasse 7 und 8 unternehmen wir Exkursionen zu Zeugnissen römischen Lebens in der näheren und weiteren Umgebung. Im gallorömischen Museum in Tongeren oder im Archäologischen Park Xanten erfahren die Lateinschüler und -schülerinnen im Rahmen von Führungen und Workshops römisches Leben ‚live‘. Eindrücke von römischer Architektur und Wellness-Vorstellungen vermitteln die Exkursionen ins Thermenmuseum Zülpich oder Heerlen. Und natürlich begeben wir uns regelmäßig in Aachen und/oder Köln auf die Pfade der Römer.
Höhepunkt der Exkursionen bildet die 5-tägige Fahrt nach Rom in der Jahrgangsstufe 10. Hier werden all die Orte und Stätten besucht, die den Lateinschülern und-schülerinnen aus dem Unterricht vertraut sind.